Was hat es uns das Entsendegesetz gebracht?

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Das Entsendegesetz für Gebäudereiniger trat am 01. Juli 2007 in Kraft. Meine persönlichen Erkenntnisse sind ernüchternd, denn das Entsendegesetz für das Gebäudereiniger-Handwerk, hat meine persönlichen Erwartungen in keinster Weise erfüllt.

Es gibt immer noch viel zu viele schwarze Schafe in unserer Branche. Die halten sich nicht an einen Tarifvertrag und somit auch nicht an das Entsendegesetz, sprich dem Mindestlohn. Es wird überall getrickst, Mitarbeiter um ihren Lohn betrogen und Kunden die heile Dienstleistungswelt vorgegaukelt.

Steigt der Tariflohn, wird einfach die Schlagzahl für die Mitarbeiter erhöht. Es werden Versetzungen vorgenommen und die Reviere vergrößert. Nach einer Erhöhung des Tariflohnes kann manch ein Mitarbeiter froh sein, wenn er mindestens das gleiche Geld, wie vor der Erhöhung verdient. Meistens bleibt es jedoch beim gleichen Geld, bei viel mehr Arbeit.

So meine Erkenntnis im Bereich der Abwicklung und den Erfahrungen aus Gesprächen mit Kunden, Unternehmensberater, Branchenkollegen und Reinigungskräften.

Als Anbieter von Gebäudereinigungsarbeiten ist man diesem Druck schon bei der Akquise und der Vertriebsarbeit ausgesetzt. Im Bereich der öffentlichen Ausschreibungen werden oft genug Leistungswerte und Kalkulationsaufschläge vordefiniert und dürfen nicht über bzw. unterschritten werden. Bei solchen Ausschreibungen sollte man davon ausgehen, dass eine Vielzahl der Anbieter somit einen nahezu identischen Preis anbieten. Dem ist definitiv nicht so. Zwischen dem Günstigsten und Teuersten liegen oftmals mindestens 50-100% Differenz.

In den Leistungswerte wird getrickst, das Blaue vom Himmel versprochen und in vielen Fällen zum Schluss nicht gehalten.

Rechnet man die eine oder andere Kalkulation mal realistisch nach, stellt man sehr schnell fest, dass durch angebliche Innovationen im Bereich der Reinigungen, doch nur die Leitungswerte nach oben geschraubt werden, ohne das es einen fundierten Hintergrund dafür gibt.

Und ganz ehrlich, so hoch dramatisch haben sich die Reinigungsverfahren in den letzten dreißig Jahren nicht wirklich weiterentwickelt.

Der Kalkulationsaufschlag auf den Lohn beinhaltet realistisch betrachtet gerade mal die gesetzlichen Abgaben. Wie manch ein Anbieter die Betreuung der Mitarbeiter und Kunden sicherstellen möchte, ist für mich oft genug nicht nachvollziehbar. Papier ist halt geduldig und da wird alles passend gemacht. In der Praxis und draußen beim Kunden passiert dann das, was ich Eingangs beschrieben habe. Hat ein Gebäudereiniger einen neuen Auftrag, wird alles daran gesetzt um noch mehr einzusparen. Schließlich muss ein Objekt ganz schnell in die Ertragszone gebracht werden. Das ist sicherlich löblich, jedoch nicht, wenn dies zu Lasten der Reinigungskräfte geht. Immer wieder wird die Schlagzahl erhöht und Mitarbeiter werden nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen. Das ist die Realität.

Kunden aus nicht öffentlicher Wirtschaft und Produktion, lassen sich vom Gebäudereiniger eine Tariftreueerklärung unterschreiben und sind dann der Ansicht, dass sie auf der sicheren Seite sind. Das Auftraggeber bei einer fahrlässigen Vergabe auch mit einem Bußgeld belegt werden können, wenn der Auftragnehmer gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz verstößt, wird dabei gerne außer Acht gelassen.

Letztendlich geht es auch dem Auftraggeber nur darum, Geld zu sparen und nicht „unnötig“ für Gebäudereinigung auszugeben. Ist der Auftraggeber unzufrieden mit der Leistung, fliegt der Gebäudereiniger halt wieder raus und der Nächste wird ausprobiert. Schließlich gibt es ja genug davon und die machen es bestimmt noch günstiger. Warum mehr bezahlen, wenn es doch anscheinend billiger geht?

Im übrigen hat sich das Ansehen der Gebäudereiniger auch nicht wesentlich verbessert. Nach wie vor wird heute noch der Gebäudereiniger gerne mit Niedriglöhnen und unqualifizierte Kräfte, in einem Atemzug genannt. Wir auch, wenn sich so eine ganze Branche aufführt?

 

Administrativer Aufwand

Der administrative Aufwand hat sich durch das Entsendegesetz zudem noch für die Arbeitgeber und deren Angestellte weiter erhöht. Jeder Arbeitseinsatz, Fahrzeit und Pause muss von den Mitarbeitern genauestens dokumentiert werden und die Vorgesetzten müssen daraus eine Abrechnung erstellen. Unter der Beachtung von Kostenstellen und Erlösarten muss jeder Monat aufwendig zusammen gerechnet werden, so dass überhaupt eine Lohnabrechnung daraus generiert werden kann. Dieser Aufwand ist erforderlich um eine betriebswirtschaftliche Auswertung seiner Kunden und Objekte zu erhalten. Der Traum vom papierlosen Büro hat sich im Gebäudereiniger-Handwerk nahezu ausgeträumt.

Die Kosten für elektronische Systeme und der dazugehörige Aufwand, sind wirtschaftlich überhaupt nicht darstellbar. So werden jeden Monat fleißig aus vielen Stundennachweise und Erfassungslisten, die von Hand geschrieben wurden, neue Listen als Zusammenfassung aufbereitet oder auch mal elektronisch erfasst. Auf hundert Mitarbeiter kommen so Monat für Monat rund zwei bis drei dicke DIN A 4 Order in den Schrank, die zwei Jahre aufbewahrt werden müssen.

Die Zeit für eine Lohnabrechnung ist dazu für Vorarbeiter, Objektleiter und Bereichsleiter oftmals viel zu gering. Manch Objektleiter / Bereichsleiter bereitet die Abrechnung dann am Wochenende, in der Nacht und somit in seiner Freizeit vor. Schließlich sollen die Teams ja rechtzeitig ihren Lohn bekommen. Da muss ein Angestellter in der Gebäudereinigung schon leidensfähig sein.

 

Angestellte im Gebäudereiniger-Handwerk

Bei Angestellten im Gebäudereiniger-Handwerk greift das Entsendegesetz nicht. Angestellte haben seit rund zehn Jahren nicht einmal mehr einen gültigen und geregelten Rahmentarifvertrag. Der Manteltarifvertrag für die Angestellten und der Gehaltstarifvertrag wurden zum 31.12.2004 gekündigt. Hier zählt für manch langjährigen Mitarbeiter nur noch der Bestandschutz. Angestellte im Gebäudereiniger-Handwerk, die nach dem 01.01.2005 eingestellt wurden / werden, arbeiten Tariflos.

Schon heute arbeiten qualifizierte Angestellte für weniger Lohn, als das was der Tarifvertrag für gewerbliche Gebäudereiniger in den höheren Lohngruppen vorsieht.

Noch 2003 lautete der Tarifvertrag zum Bespiel für Meister in der höchsten Gehaltsgruppe:
– selbständig und unter eigener Verantwortung technische Betriebsaufgaben ausführen, die besondere Fachkenntnisse erfordern, die durch langjährige Berufserfahrung erworben werden; Meisterprüfung und mindestens 3-jährige Tätigkeit als Meister, 3.475,00 € bis 3.679,00 € brutto im Monat.

Wohlgemerkt, war dies so vor zehn Jahren. Dazu waren 30 Tagen Urlaub und ein zusätzlichen Weihnachts- und Urlaubsgeld festgelegt. Gebäudereinigermeister, die heute in ein neues Unternehmen wechseln wollen, können davon nur träumen. Bezogen auf die Tariferhöhungen im Bereich der gewerblichen Arbeitnehmern, müsste ein Gebäudereinigermeister heute mindestens bei rund 3.900,00 € bis 4.500,00 € Bruttogehalt liegen.

Je nach Stadt und Unternehmen, bekommt ein Gebäudereinigermeister jedoch zwischen 1.900,00 und 2.900,00 € mit 26 Urlaubstagen aangeboten. Das entspricht im besten Falle einen Stundenlohn von rund 16,00 € brutto und entspricht somit ca. der Lohngruppe 9, im Rahmentarifvertrag für Fachvorarbeiter/in in der Glas- und Außenreinigung. Der im Übrigen auch recht selten an entsprechende Mitarbeiter bezahlt wird. Aus Kostengründen, werden solche Lohnverträge erst garnicht geschlossen.

Mit Sicherheit ist das alles auch ein Problem durch die Neuregelung der Handwerksordnung seit dem 01.01.2004. Die Meisterpflicht im Gebäudereiniger-Handwerk war mit der Novellierung der Handwerksordnung entfallen, so dass sie keine Zugangsvoraussetzung mehr zur Führung eines Gebäudereiniger-Handwerksbetriebes darstellte. Sprich, Gebäudereiniger kann sich jeder nennen, der einen Eimer Wasser und einen Putzlappen als sein Arbeitsgerät definiert.

Somit sieht auch die Zukunft in der Branche, gerade im Bezug auf Fachkräfte, alles andere als rosig aus. Warum soll ein ausgebildeter Gebäudereinigergeselle heute noch einen teuren Meisterbrief erwerben? Ein Kunstwerk zu dem Preis, hat wahrscheinlich eine höhere Wertsteigerung, als der Meisterbrief an der Wand.

Fazit, dass was sich bei der Reinigungskraft im Objekt nicht mehr einsparen lässt, wird heute bei den Angestellten eingespart. Da passiert ja nichts, denn es gibt nur die gesetzlichen Mindestregelungen für sie.

 

Arbeitnehmer im Gebäudereiniger-Handwerk

Mir ist auch bewusst, dass es Reinigungskräfte gibt, die das Entsendegesetz auf ihrer Art ausleben. Sie lassen sich keine Zeiten vorschreiben, arbeiten ineffizient und erwarten eine „gerechte“ Entlohnung nach ihrer Dokumentation. Hier hat jeder Arbeitgeber die Chance sich von solchen Personal zu trennen, dass ein gewissen Soll nicht erfüllt. Nur denke ich nicht, dass dies auf die Mehrzahl der Beschäftigen Reinigungskräfte im Gebäudereiniger-Handwerk zutrifft.

Klar, auch unter Mitarbeitern gibt es schwarze Schafe. Nur muss man hin und wieder ergründen warum das so ist. Oftmals sind das Menschen, die trotz einer Beschäftigung am Existenzminimum leben oder von ihren Arbeitgebern einfach schlecht behandelt werden oder wurden.

Dies kann ich aus meinen Erfahrungswerten wiedergeben.

 

Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks

„Unsere Kunden würden die Betriebe des Gebäudereiniger-Handwerks und damit auch deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „nach Hause jagen“, wenn eine solche Forderung auch nur ansatzweise in Form einer Preiserhöhung vorgetragen würde.“ so der Geschäftsführer des Bundesinnungsverbandes, Johannes Bungart, im Februar 2013, nachdem die IG Bau Ihren Lohnforderungen für die neue Tarifverhandlung ausgesprochen hatte.

Ganz ehrlich, über die Aussage hatte ich mich kolossal aufgeregt. Ich bin nicht nur Dienstleister, ich bin auch Endverbraucher. Egal ob ich von unseren Zulieferer Material für das Unternehmen einkaufe oder als Privatmann Versicherungen, Energie oder andere Dienstleistungen bezahlen muss, ich bekomme jedes Jahr Preiserhöhungen aufs Auge gedrückt und da kann ich nach Hause jagen, wen ich will.

Jagen Kunden wahrhaftig ihren Gebäudereiniger wegen zu „hohen“ Preisen nach Hause, ist es nur eine ganz kurzfristige Einsparung. Mangels Hygiene an ihren Arbeitsplätze, kann dies für einen Betrieb ganz schnell ein hoher Schaden durch Personalausfall bedeuten. Mittelfristig muss einfach mal das Bürohaus gereinigt werden. Wer kümmert sich denn um die Sanitärenanlagen, wenn nicht der Gebäudereiniger?

Langfristig wird das Gebäude von innen und außen Schaden erleiden, wenn es nicht von Verschmutzungen befreit wird.

 

IG Bau

„Es muss selbstverständlich sein, dass die Beschäftigten von ihrer harten Arbeit vernünftig leben können. Das können sie von niedrigen Löhnen aber nicht“, sagte IG BAU-Bundesvorstandsmitglied Bärbel Feltrini, im Februar 2013.

Das hörte sich vernünftig an. Nur auch hier herrscht eine Doppelmoral. Bereits nach der damaligen Einigung im Tarifkonflikt für die Gebäudereiniger (November 2009), kündigte IG BAU-Bundesvorsitzende Klaus Wiesehügel an, dass im Januar 2010 Verhandlungen über Angestellten-Tarifverträge geführt werden.

Still ruht der See nun auch schon wieder seit über drei Jahren. Was mit Sicherheit auch daran liegt mag, dass gerade im Angestellten Bereich wenig Mitglieder in der IB Bau sind. Ein beachtlicher Vorteil für die Arbeitgeber und Nachteil für die Arbeitnehmer und Angestellten.

 

Die Zukunft?

Heute auf den Tag genau, habe ich meine dreißig Berufsjahre voll und bis zur Rente noch rund zwanzig Jahre vor mir.

Nach dreißig Berufsjahren wage ich kaum noch eine Prognose abzugeben. Zu oft habe ich mich gerade in den letzten zehn Jahren, was Preisentwicklungen und Arbeitsbedingungen betrifft, immer wieder mal geirrt.

Oder waren es doch nur Hoffnungen, die sich nicht erfüllt haben?

Noch immer arbeiten im Gebäudereiniger-Handwerk viele ungelernte Kräfte und Minijobber mit wenig Fachkenntnis. Das ist leider richtig. Dies hat auch nicht das Entsendegesetz ändern können. Auftraggeber / Kunden geben oft vor, wie lange in einem Objekt gearbeitet werden darf und so sind oftmals fast nur Minijobber einsetzbar. Es werden zu Spitzenzeiten einfach eine viel zu große Menge an Personal benötigt. Hier sind Innovationen gefragt und der Wille des Kunden gefordert. Warum müssen unbedingt alle Reinigungsarbeiten am frühen Morgen oder Abend ausgeführt werden? Aus meiner Sicht muss dazu auch ein Umdenken in der Gesellschaft und bei den Dienstleistern geben.

Qualifizierte Kräfte erwarten mehr nach einer Ausbildung, als einen Mindestlohn. So findet man für die angebotenen Löhne meistens nur schlechtes oder unqualifiziertes Personal, das jedoch eher für einen kleinen Lohn arbeiten geht, als von Harz IV zu leben.

Ich sehe es als dramatisch an, wenn Vollzeit Mitarbeiter aus meiner Niederlassung noch einen Minijob benötigen, um sich über Wasser zu halten. Und das obwohl wir nach Tarif entlohnen und die Leute ihren Beruf auch noch gelernt haben.

Persönlich glaube ich nicht, dass stärke Kontrollen durch Zoll und anderen Behörden eine Veränderung herbeiführen werden.

Viel zu selten werden die Ergebnisse von Kontrollen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit veröffentlicht, die auch mal die verhängten Bußgelder und Strafen benennen.

Die Gebäudereiniger müssen an sich arbeiten und realistischer kalkulieren. Selbst mal 15-20 Sanitäranlagen in vier Etagen in einer Stunde “unterhaltsreinigen”. Selbst mal 20 Büros von je 25m² in einer Stunde reinigen, Abfall leeren, saugen, wischen usw. Dann wüsste manch ein Anbieter, was tatsächlich realistisch machbar ist bzw. was er seinen Mitarbeitern abverlangt. Und ganz ehrlich, so hoch dramatisch haben sich die Reinigungsverfahren in den letzten dreißig Jahren nicht wirklich weiterentwickelt.

Eine Kalkulationstabelle mit utopischen Zahlen ausfüllen, kann sicherlich jeder, der gar keine Ahnung vom Reinigen, Werte erhalten und Schützen im Gebäudereiniger-Handwerk hat.

Mitarbeiter müssen besser geschult und betreut werden. Dafür braucht es Zeit und Geld. Mit dem derzeitigen ruinösen Wettbewerb schadet sich, aus meiner persönlichen Sicht und Erfahrung, die Branche einfach nur selbst. Gesetzliche Vorgaben zum Gesundheitsschutz, zum Beispiel, werden auf ein Minimum reduziert.

Es gibt Reinigungsmethoden die ein gewisses Maß an Quadratmeter zulässt, nur sehe ich nach heutigem Kenntnisstand den Bogen einfach überspannt.

Die RAL Gütegemeinschaft Gebäudereinigung e.V. hat im Jahre 2011 ein Merkblatt mit Leistungswerten herausgegeben. Auch diese Leistungswerte sind, aus meiner Sicht, recht knackig. Auf Grund meiner Erfahrung sind diese jedoch oft im Mittel realistisch umsetzbar. Immer abhängig, von den geforderten Intervallen und den örtlichen Gegebenheiten.

Solange jedoch überall die maximalen Werte mit einem dicken Plus in die Kalkulationen eingesetzt werden und der Stundenverrechnungssatz im „Zoll Limit“ liegt, wird sich definitiv nichts in unserer Branche verändern.

Es mag viele Profis in der Gebäudereinigung geben, nur zaubern können auch die nicht.

Gesetze alleine sind dabei auch nicht immer ein Allheilmittel.