Arbeitgeber unterlaufen Tarifvertrag

So titelt Spiegel Online in seiner Ausgabe, am 03.01.2010. Leider ist das die traurige Wahrheit bei vielen Gebäudereinigern.
Was der Spiegel jetzt öffentlich macht, ist schon seit Tarifabschluss, hinter vorgehaltener Hand, bekannt. Zumindest bezahlt ein Großteil der Gebäudereiniger derzeit den alten Tarifvertrag. Das ist immerhin schon mehr, als das was in der kurzen tariflosen Zeit, im Oktober 2009, einigen neuen Bewerbern angeboten wurde.

Im Artikel heißt es unter anderem:
Tatsächlich lässt sich der Vertragsbruch auf den ersten Blick mit den bürokratischen Rahmenbedingungen erklären. Denn seit Inkrafttreten des neuen Tarifvertrags zu Anfang des Jahres liegt im Bundesarbeitsministerium ein Antrag, den Abschluss zum branchenweit verbindlichen Mindestlohn zu erklären. Die entsprechende Rechtsverordnung dürfte nach Auskunft aus dem Ministerium noch bis Mitte März auf sich warten lassen.


Eine nette Ausrede. Fakt ist, dass nahezu alle Dienstleister eine entsprechende Tariflohnerhöhung bereits im November/Dezember 2009 zum 01.01.2010 ihren Kunden angekündigt hatten. Kunden, die laut genug über diese Tariferhöhung, auf Grund der Wirtschaftskrise, gejammert hatten, wurde diese vielleicht noch erlassen. Alle anderen dürfen bezahlen. Die Reinigungskräfte haben zum Großteil nichts davon bekommen. Unseren lieben Mitbewerber haben dann im Januar 2010, unter dem Deckmantel der fehlenden Allgemeinverbindlichkeit, diese Erhöhung halt einfach nicht weitergegeben. Die Taschen stopfen sich die Meisten bestimmt nicht damit voll. Denn der ruinöse Wettbewerb in der Branche lässt so etwas gar nicht zu. Vielmehr werden damit einfach diverse Ertragslöcher vorübergehend gestopft.

Richtig Fadenscheinig liest sich dann auch die Aussage von Piepenbrock in diesem Artikel:
Offiziell hat Branchenprimus Piepenbrock die Vorwürfe zumindest indirekt eingeräumt. Das Unternehmen bestreitet aber jede unredliche Absicht. Aufgrund der noch fehlenden Allgemeinverbindlichkeit hätten nur Mitglieder der IG Bau Anspruch auf die Lohnerhöhung, erklärt Piepenbrock-Chef Arnulf Piepenbrock in einer Pressemitteilung. Da aber die Gewerkschaft die Mitglieder nicht benannt habe, könnten die Lohnaufschläge nur rückwirkend ausbezahlt werden. Keinesfalls habe man jedoch die Absicht, den Mitarbeitern ihr Geld vorzuenthalten.

Ich bin kein Fan der Gewerkschaft, nur diese Argumentation ist sehr dünn. Entweder stelle ich meine Mitarbeiter alle gleich oder ich züchte mir in dieser schlecht bezahlten Branche noch eine Zweiklassengesellschaft.

Letztendlich treibt so ein Unternehmen seine Mitarbeiter in die Arme der Gewerkschaften. Die Gewerkschaften stopfen sich die Taschen voll und dem Arbeitnehmer bleibt unter dem Strich wieder weniger übrig.

Was dieses ganze Verhalten, aller Beteiligten soll, geht mir nicht in den Kopf und ist für mich schon lange nicht mehr nachvollziehbar.

Gewerkschaften stellen überhöhte Forderungen.

Arbeitgeberverbände stöhnen und behaupten die Löhne lassen sich am Markt nicht umsetzen.

Und der Bundesarbeitsminister verzögert durch sein Verhalten die Allgemeinverbindlichkeit und verschuldet damit die derzeitige Situation mit.

Zum Schluss dann noch unsere Regierung. Schwarz/gelb, die durch Steuerentlastung die Kaufkraft stärken wollen, sollen erst mal dafür sorgen, dass Menschen in Deutschland ein Auskommen mit ihrem Einkommen haben.

Außenminister Westerwelle hackt auf den Hartz IV Empfängern herum, macht dem Hotelgewerbe Steuergeschenke, die sich zum Beispiel dann die Stadt Köln wieder mit einer weiteren Abgabe einsackt usw.

Bezahlt den Leuten, die Dienstleistung erbringen, endlich das Geld, was sie verdienen und womit sie überleben können.
An unsere lieben Kunden einfach mal die Info im Klartext. Wenn Reinigungskräfte 8,40 € in der Stunde verdienen sollen (müssen), akzeptiert keine Verrechnungssätze unter 14,70 € von unseren Mitbewerben. Rechnet doch mal selber aus, wie viel Aufschlag ihr für Sozialabgaben etc. auf eure Löhne berechnen müsst. Und denkt mal bei der Auftragsvergabe einfach bisschen nach. Kein Mensch kann 200 m² Sanitäranlagen in Bürogebäuden innerhalb von einer Stunde reinigen.
Das ist doch alles krank. Und ihr lieben Kollegen Gebäudereiniger. Faselt nicht davon, dass ihr euch an den Tarif haltet, wenn ihr es doch nicht macht.

In meiner Niederlassung bekommen alle meine Mitarbeiter heute schon den gültigen Tariflohn, vom 01.01.2010. Und das nicht nur in den zwei Lohngruppen, die ins Entsendegesetzt aufgenommen werden sollen, sondern in allen neun Lohngruppen.

Für was machen wir das ganze Tarifgedöns, wenn es keinen Interessiert? Welche Daseinsberechtigungen haben Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, wenn sich doch keiner dran hält?

Ich schäme mich für die Branche, in der ich seit über 26 Jahren arbeite.